Das Fastnachtsherz weint, aber der Kopf mahnt zur Vernunft.

von Juri Loose

Interview mit dem ersten Vorsitzenden der Dieburger Prinzengarde Till Neumann

Tom: Till schön, dass du da bist und dich unseren Fragen als Vorstandsvorsitzender stellst. Du bist jetzt etwas mehr als drei Monate im Amt. Wie war die Zeit bis heute? Hast du es dir so vorgestellt? Was kannst du berichten?

Till: Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich zum ersten Vorsitzendem der Dieburger Prinzengarde gewählt wurde. Es ging alles so schnell. Nach unserem Bagagewagen-Fest war die Euphorie in der Truppe riesig – wir durften mal wieder Garde sein, wie es uns gebührt. Eine Woche später folgte die Wahl in der Römerhalle und darauf die erste Vorstandssitzung. Der gesamte Vorstand und ich hatten richtig Lust auf die kommende Kampagne und anzupacken. Doch die erste große Aufgabe, war die Vorbereitung für den Martinsmarkt. Dieses Highlight konnten wir, trotz der Ungewissheit und einer drohenden Absage, dank unserer Erfahrungen aus den vergangenen Jahren gut und solide organisieren. Hier möchte ich mich auch noch mal bei unseren Helfern bedanken, ohne die es wie in all den Jahren zuvor nicht möglich wäre, so etwas auf die Beine zu stellen.

Eine Woche nach dem Martinsmarkt kam der Kampagnenstart. Gott sei Dank, kann ich da nur sagen, hat dieser stattgefunden. Natürlich mit dem gebotenen Abstand und Hygienekonzept.

Auch wenn diese Veranstaltung von der Corona-Pandemie geprägt war, muss ich sagen, war es ein großartiges Gefühl, endlich wieder in die Uniform schlüpfen zu dürfen.

Ab dann ging es los mit den unschönen Themen. Bis Ende November haben wir gehofft, dass die Nikolauswanderung stattfinden kann. Nach reichlicher Überlegung war aber die Absage die einzig logische Konsequenz. Ich finde es sehr schade um die Mitglieder, die man lange nicht mehr gesehen hat. Und spezielle der Kindern wegen, haben wir uns sehr schwer mit der Absage getan! Nichtsdestotrotz hat die Gesundheit unserer Mitglieder und deren Familien Vorrang und steht immer an erster Stelle.

Tom: Normalerweise stehen wir aktuell in den Startlöchern für die Kampagne und sind bereit für die Sitzungen. Diese wurden jedoch kürzlich abgesagt. Du bist Kraft deines Amtes als Vorstandsvorsitzender der Prinzengarde Mitglied im Vorstand unseres Muttervereins, dem KVD. Du warst bei der Entscheidungsfindung anwesend. Kannst du unseren Mitgliedern erzählen, wie es zu dieser Entscheidung kam und wie du diese bewertest?

Till: Nach regem und emotionalem Austausch ist die Entscheidung einstimmig getragen worden. Jeder hat seine Sicht der Dinge geschildert, doch am Ende des Tages war die Absage unumgänglich. Die nächste Frage war dann, wann wird die traurige Nachricht kommuniziert? Auch hier war schnell klar, diese Entscheidung muss umgehend von oberster Führung veröffentlicht werden. Erstens wegen unserer Aktiven, die sich für die Sitzungen wappnen, üben und trainieren. Auf der anderen Seite natürlich aber auch wegen der Sicherheit unserer Gäste und allen, die an den Sitzungen beteiligt sind. Die Gesundheit aller Anwesenden stand immer an erster Stelle. Hier muss ich auch noch mal betonen, dass ich es sehr gut fand, dass wir als KVD-Vorstand im Vorhinein gehandelt haben und nicht zu warten bis wir den Druck seitens der Politik spüren. Am Ende des Tages stehen wir in der Verantwortung. Dessen muss man sich immer bewusst sein, auch wenn jeder für sich auch selbst Sorge tragen muss.

Das Fastnachtsherz weint, aber der Kopf mahnt zur Vernunft.

Ich persönlich stehe vollkommen hinter der getroffenen Entscheidung und trage sie mit. Schon aus dem Grund, dass ich mich für die Zuschauer, aber vor allem für meine Truppe verantwortlich fühle. Wer mir besonders leidtut, sind unsere Tanz-Mariechen, die in den letzten Monate Unmengen an Zeit, Energie und Kraft in ihren Tanz gesteckt haben. Ich ziehe meinen Hut vor den Mädels, dass sie bis zum Schluss die Motivation hatten und immer noch haben, trotz der ungewissen Situation, weiter hart zu trainieren.

Tom: Der KVD plant für nächstes Jahr wieder zwei ÄLA-Shows. Können wir als Prinzengarde dort mit einem Auftritt rechnen?

Till: Unsere Tanz-Mariechen haben sich bereit erklärt, bei der Äla-Show einen Beitrag zu leisten. Das erfreut mich sehr. Für unsere männlichen Gardisten können wir uns von Vorstandsseiten ebenfalls eine Teilnahme an den zwei Veranstaltungsterminen vorstellen. Wie und in welcher Form muss jedoch mit dem Organisationsteam der ÄLA-Show noch besprochen werden. Wir sind jedoch zuversichtlich eine repräsentative Lösung zu finden. Aber auch hier müssen wir auf die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen eingehen und dann versuchen, das Mögliche möglich zu machen.

Tom: Ist es absehbar unseren Mitgliedern einen Ausblick für das kommende Jahr zu geben?

Till: Es ist schwer für die Zukunft etwas vorherzusagen. Wir sind vorbereitet und planen alles unter Vorbehalt – leider. Wir haben im Vorstand lange überlegt, was wir unseren Mitgliedern anbieten können und was nicht. Wir bekamen Einladungen von anderen Garden, die wir nun aber schweren Herzens abgesagt haben bzw. vom Veranstalter abgesagt wurden. Ein bisschen Hoffnung habe ich jedoch noch auf die „heiße Phase“ der Fastnacht. Also von Altweiber-Donnerstag bis Aschermittwoch. Doch eine Glaskugel, die mir die Zukunft vorhersagt, besitze ich leider nicht. Wir bereiten uns aber bestmöglich für den Fall vor, dass es möglich ist, Fastnacht mit unseren Mitgliedern und den Dieburger Narren zu feiern. Aus diesem Grund haben wir kleine Teams gebildet, die sich um die verschiedenen Themen wie die Priga-Nacht, Rosenmontag und Aschermittwoch kümmern.

Selbst der Planungsstab für die Nikolauswanderung ist noch aktiv und hat beim Nikolaus schon mal vorgefühlt, ob er auch bereit wäre, uns außerhalb der Weihnachtszeit zu besuchen. Mehr möchte ich hier aber noch nicht vorwegnehmen.

Tom: Abschließend lieber Till, wir stehen kurz vor Weihnachten und bis zum neuen Jahr ist es auch nicht mehr weit. Was möchtest du unseren Mitgliedern mit auf den Weg geben?

Till: Wenn diese Zeit mich eines gelehrt hat, dann ist es, dass wir offener sein müssen für die Argumente anderer Menschen. Es ist eine schwierige Zeit, in der wir aktuell leben und es gibt nicht den einen richtigen Weg. Was mir am Herzen liegt, ist, dass alle unsere Mitglieder, ihre Familien und Freunde gesund und munter durch diese Zeit kommen. Für mich wäre es das größte Geschenk, wenn wir nächstes Jahr wieder ein Fest veranstalten könnten, wo wir uns alle wieder sehen und vielleicht sogar in die Arme schließen können. Für jetzt wünsch euch und unseren Freunden und Gönnern eine schöne, friedvolle Weihnachtszeit, ein paar erholsame Tage in den Kreisen eurer Liebsten, um Energie aufzutanken. Ich wünsche euch Hoffnung, Mut, Zuversicht und vor allem Gesundheit für das kommende Jahr 22. Ein Jahr mit Schnapszahl, in dem wir auf jeden Fall etwas fastnachtliches auf die Beine stellen müssten.

Im Namen des gesamten Vorstands wünsche ich euch alles Gute und 3x Dibborsch ÄLA auf die Dieburger Prinzengarde.

Tom: Vielen Dank Till, dass du dir Zeit genommen hast.

Das Interview führte Tom Bonifer.

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