Der Anfang

Vor cirka 150 Jahren lebte in Dieburgs Mauern ein munterer "Verrer". Er war überall beliebt und stets am gesellschaftlichen Geschehen beteiligt. Wir müssen uns den "Verrer" als Hochzeitsbitter (-lader) vorstellen, der im Auftrage des Brautpaares die Gäste zur Hochzeit einlud. Dieses tat er sehr oft in gereimten Versen. Seine Heimkehr war meist eine recht fröhliche, da man ihm überall eingeschenkt hatte. Wie nötig brauchte er da die Laterne, da es ja vor 1840 noch keine Straßenbeleuchtung in unseren Städten gab. Er war es damals auch, der bei jedem Hochzeitsfest den Brautzug aufstellte und an dessen Spitze marschierte. Bei dem Fest- mahl unterhielt er die Gäste und trug seine Verse Vor. Wenn es in der närrischen Zeit galt, an der Spitze des karnevalistischen Umzuges zu gehen, so war der mit Humor begabte "Verrer" die geeignete Person. Die Narren folgten unter dem Gesang: "Verrer Gunkes, Verrer Gunkes gäihn mer aa mit, mit de Holzisch Latern" - Der muntere "Verrer" spielte im Laufe des Jahres manch anderem ein Schabernack.

Die "Verrer", die es in dieser Zeit gab, waren alle ein besonderer Typ eines Menschen. - Eben ein guter Kumpel, ein Freund. Zu dem Wort "Verrer" gehörte ein zweites, und das war meistens der Spitzname des Betreffenden. Unter "Verrer" verstand man weiterhin ein quicklebendiges Wesen, volksverbunden mit heimatlichen Dingen, zu Streichen aufgelegt, in froher Runde kein Kostverächter, wenn einer „draufgemacht“ wurde immer einer der Ersten. So soll man sich auch den ,Verrer Gunkes' vorstellen, den man als Urtyp der Dieburger Fastnacht ansehen kann. Vom „Gunkes“ kann man wohl annehmen, dass er die Zeit unter die Lupe nahm und "gute und schlechte Tage seiner Mitbürger" jährlich an Fastnacht zur Freude aller öffentlich kundmachte. Dazu dürfte das früher am Fastnachtmontag übliche ,Ausschellen“ die beste Gelegenheit gewesen sein. - In der Zeit des ,„Ällämpchens (Ö1-) und des Platten- oder Torfofens hat wohl der "Verrer Gunkes" gelebt.

Damals

Eine solche, selbst in den Dieburger Fastnachtsliedern noch lebendige Figur wie die des "Verrer Gunkes", musste die spätere Zeit weiter als Tradition pflegen. Am 13. Januar 1929 stand dann der erste "Verrer Gunkes" auf der närrischen Bühne. Die erste Rede in dieser Art trug den Titel "En alte Dibboijer redd"

Mundart

Gesprochen hat er natürlich die heimische Mundart, den Dieburger "Dialeggt". Deswegen reden auch Gunkes und Bawett, wenn sie heutzutage in den Veranstaltungen des Karnevalvereins auftreten, in der Dieburger Mundart. Der Gebrauch der Schriftsprache würde unnatürlich erscheinen. Zur Pflege der Tradition, zur Pflege des bodenständigen Brauchtums, gehört eben auch die Erhaltung der Mundart, denn diese ist ja nicht eine minderwertige Abart der Schriftsprache, sondern vielmehr altes, echtes Sprachgut. Deshalb sollen der "Verrer Gunkes unn soi Bawett" mit ihrem "Dibboijer Dialeggt" auch in den künftigen Sitzungen des Karnevalvereins nicht fehlen.

Utensilien

Die Laterne, das Symbol des Bajazz, leuchtete in früherer Zeit als Öllämpchen „Äihlelischd'. Die mit Rüböl zwar schlecht leuchtende, aber gemütlich wirkende "Äillampe" hatte einen Docht, den "Wische", der beim Brennen von Zeit zu Zeit mit der Lichtputzschere gereinigt werden musste, damit die Flamme nicht so stark rußte und roch.

In dem alten Fastnachtslied erinnert der Vers: "Unn das Hin und das Her, unn die Lischdbudsscher" an die ehemals benutzte Lichtputzschere.

Äußeres

Die Kleidung des Gunkes besteht auch heute noch aus der Hose ohne Bügelfalte, dem Wamd oder der Joppe, dem Halstuch und schließlich seiner Kopfbedeckung, der Kappe, ebenso wie bei der Bawett dem Kapottchen, dem Fischbeinmieder und dem langen Rock mit der Besenlitze sowie dem Rädchen

Als männliche Zierde trägt der Gunkes einen Backenbart mit ausrasierten Kinn, aber keinen Schnurrbart. - Dies erinnert an eine Verordnung von 1851, wonach es dem großherzoglichen hessischen Zivilbeamten nicht gestattet war, andere Barte als Backenbarte zu tragen.

Zur Bereicherung stieg vom Jahre 1937 an sein "treues Weib bawett" persönlich in die Bütt, wodurch der Effekt noch verbessert wurde.

Heute

Es ist erfreulich, dass bis in die heutige Zeit die Tradition weiter gepflegt wird und der "Verrer Gunke sunn soi Bawett" in den jährlichen Sitzungen als Fastnachtsfiguren verkörpert werden. Hierbei werden die Taten der Gegenwart mit Witz und Satire aufs Korn genommen, tru dem Wahlspruch der Narren: "Allen wohk, doch niemanden weh!"

Ohne die "Holzisch Latern" kann man sich den "Verrer Gunkes", den Urtyp der Dieburger Fassnacht, nicht vorstellen. Kener heute vorsintflutlich anmutende Beleuchtungskörper, die "Holzisch Latern" hängt als Wahrzeichen bei jeder Sitzung auf der Bühne. Deshalb sollte einmal die wie ein Stern in der Dunkelheit des trüben Alltags leuchtende Holzlaterne in dem otto zur Geltung kommen. - Ja, wenn diese Laterne leuchtet, dann ist es Fassenacht, dann dreht sich alles um den strahlenden Stern, der Freude bringen soll - echte Freude.

Un darum lautete 1939 schon das Motto: "Strahlet hell mit ÄLA - die "Holzig Latern", dann dreht sich ganz Dieburg um diesen Stern"